Vom 2.-4- Juni 2023 fand im World Trade Center von Dubai der World Physiotherapy Congress statt. In der Eröffnungsrede betonten die Veranstalter wie froh sie darüber sind, dass nach Jahren der Pandemie jetzt endlich wieder ein persönliches Treffen möglich war.

Auch diesmal war es dem Kongress-Komitee gelungen ein abwechslungsreiches Programm zu erstellen. Die Teilnehmerzahl war mit ca. 2.000 etwas geringer als bei den vorangegangenen WCPT-Kongressen, dies hatte aber für die anwesenden Physiotherapeuten den großen Vorteil, dass es nirgends zu Staus oder Sitzplatzmangel gekommen ist.

Ein Highlight waren die Focused Symposia, bei denen jeweils drei Experten zu einem Thema referierten. Besonders spannend war jenes zum Thema „Serious Pathology“. Hier wurde u.a. das Thema Red Flags ausführlich behandelt. Ausgehend von den IFOMPT Frameworks zu H/LWS betonte Laura Finucane (Großbritannien) die Wichtigkeit, dass Therapeuten in der Lage sind Red Flags nicht nur als „schwarz/weiß“ betrachten, sondern diese differenziert zu einem für jeden Patienten individuellen „Level of Concern“ zusammenzuführen. In den IFOMPT Frameworks bestehen diese aus vier Stufen: Grün bedeutet, dass keine Red Flags vorliegen. Gelb bedeutet, dass Red Flags gefunden wurden, diese aber so moderat erscheinen, dass unter Einziehung eines „Sicherheitsnetzes“ mit der Untersuchung/ Behandlung begonnen werden kann, die Red Flags aber regelmäßig auf Verschlechterung überprüft werden müssen. Orange bedeutet, dass aufgrund schwerwiegender Red Flags keine Untersuchung oder Behandlung stattfinden darf und weitere Abklärung dringend indiziert ist. Rot stellt einen Akutnotfall dar, der Therapeut muss daher die Notfallkette starten und veranlassen, dass der Patient direkt aus der Praxis in eine Notfallambulanz überstellt wird.

Eine spannende Abwechslung waren die Diskussions-Sessions, bei denen an 8er Tischen sitzend spezifische Aufgaben zu einem Thema – z.B. Prävention in der Physiotherapie – ausgearbeitet und anschließend in der großen Gruppe diskutiert wurden. Spannend war dabei zu sehen, dass oftmals trotz verschiedenem kulturellen und finanziellen Background der Teilnehmer oftmals weltweit die gleichen Probleme und Lösungen bestehen.

Weitere spannende Vorträge kurz zusammengefasst:

Paul Hodges (Australien) stelle eine Delphi Studie vor, die das Ziel hat Tools zu selektieren, mit deren Hilfe nozizeptiver neuroplastischer und neuropathischer Schmerz treffsicher unterschieden werden können.

Daniel I. Rhon (USA) stellte die Arbeit zum Thema über die Rolle von Exercice Therapy zur Prävention von Folgeverletzungen bei Patienten mit einer patellofemoralen Schmerzdiagnose vor. Für diese Studie wurden 90.000 Soldaten der US-Armee mit dieser Diagnose inkludiert – fast die Hälfte davon (46%) zog sich in den nächsten 2 Jahren eine Verletzung im Bereich untere Extremität oder Rücken zu. Die Analyse der Daten zeigte, dass durch Behandlung des patellofemoralen Schmerzsyndroms mittels Übungstherapie das Risiko einer Folgeverletzung signifikant reduziert werden konnte.

Melanie Farlie (Australien) stellte den Balance Instability Scale vor. Ziel dieses Scores ist es, Gleichgewichtstraining bei älteren Patienten zielgerichteter und effektiver zu machen, indem die Schwierigkeit jeder Übung individuell mit diesem Scale bewertet wird.  So soll der optimale Belastungsreiz für den Patienten gefunden und Unter- oder Überforderung vermieden werden.

Eine interessante Langzeitstudie präsentierte Kasper Krommes (Dänemark), der anhand von Daten aus dem dänischen Gesundheitssystem die Langzeitauswikungen von ca. 1.200 Mb. Osgood-Schlatter Patienten mit einer Gruppe gesunder Probanden aus USA verglich. Die Analyse zeigt, dass Patienten, die in der Jugend Mb. Osgood-Schlatter hatten, als Erwachsene in jedem Lebensalter signifikant deutlich schlechter Knie Scores und somit eine schlechtere Prognose bezüglich „return to normal activitys“ hatten.

Eine lustige und gesunde Abwechslung war das „Exercice and Wellbeing“ Programm: in den Pausen wurden abwechslungsreiche Übungseinheiten als Ausgleich zum Sitzen in den Kongressräumen angeboten.

International Framework for Red Flags for Potential Seriuos Spinal Pathologies. (2020)Finucane L, Downie A, Mercer C, Greenhalgh S, Boissonnault WG, Pool-Goudzwaard A, Beneciuk J, Leech R, Selfe J. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy

International Framework for Examination of the Cervical Region for potential of vascular pathologies of the neck prior to Orthopaedic Manual Therapy (OMT) Intervention:International IFOMPT Cervical Framework. (2023) Rushton, A., Carlesso, L.C., Flynn, T., Hing, W.A., Kerry, R. Rubinstein, S.M., Vogel, S. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy

Features and methods to discriminate between mechanism-based categories of pain experienced in the musculoskeletal system: a Delphi expert consensus study (2022) Shraim M. Sluka K, Sterling M., Arendt-Nielsen L., Argoff C., Bagraith K., Baron R., Brisby H., Carr D., Chimenti R.,  Courtney C., Curatolo M., Darnallb B., Ford J., Graven-Nielsen T., Kolski M., Kosek E., Liebano R., Merkle S., Parker R., Reis F., Smart K., Smeets R., Svensson P., Thompson B., Treede R-D., Ushida T., Williamson O., Hodges P., Pain.

What is the Incidence of Subsequent Adjacent Joint Injury After Patellofemoral Pain? (2023)Jodi L. Young  Timothy C. Sell, Daniel I. Rhon Clinical Rehabilitation

https://www.monash.edu/medicine/balance-intensity-scale

Pain, Sports Participation, and Physical Function in Adolescents With Patellofemoral Pain and Osgood-Schlatter Disease: A Matched Cross-sectional Study. (2020)Michael Skovdal Rathleff, Lukasz Winiarski, Kasper Krommes, Thomas Graven-Nielsen, Per Hölmich, PhD4, Lykkegaard Olesen, Sinéad Holden, Kristian Thorborg. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy